Sonntag, 14. Juli 2013

Do you Squat?

Die Kniebeuge ist vermutlich die meist unterschätzte Übung in den Studios dieser Welt, und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Als Grundbewegungsmuster, das von der Anatomie des Homo Sapiens praktisch vorgegeben wird sollte man glaube dass die Kniebeuge die breite Bevölkerung nicht vor unlösbare Probleme stellt - weit gefehlt.

Das Problem mit dem Squat

Wenn ich eine Klasse unterrichte finde ich im Durchschnitt bei 20 % der Teilnehmer ordentliche Kniebeugen,  60 % akzeptable bis gerade noch akzeptable und 20 % völlig inakzeptable. Über Bewegungskonzepte wie Primal Move oder die Flexible Steel Frog Series lässt sich diese Verteilung in der Regel noch positiv beeinflussen.
In fast jeder Klasse ist aber jemand dabei der beim besten willen nicht in der Lage ist eine ordentliche Kniebeuge auszuführen.
Wir in Westeuropa machen es einfach zu selten. Es gibt praktisch keine Situation in der ein Westeuropäer im Alltag in  die Hocke geht.  Schon einige hundert Kilometer weiter südlich finden sich in der Keramikabteilung der meisten öffentlichen Gebäude Vorrichtungen die aufgrund ihrer Bauweise eine sichere Kniebeuge erforderlich machen. Im südlichen Amerika verbringen weis-nicht-wie-viele Millionen Menschen jeden Tag Stunden in dieser Haltung und betrachten es als Erholung.
Ein befreundeter Trainer erzählte mir dass er seine Teilnehmer eines Workshops in Korea, zu dessen Inhalten auch ein vorsichtiges herantasten an die Kniebeuge gehören sollte, alle samt in der Hocke vorfand während sie Ihre Registrierungsformulare ausfüllten. Bei genau einer Teilnehmerin, die (zu seinem Glück) lange Zeit im Westen verbracht hatte konnte er seine Methoden anwenden.

Wie soll er den nun aussehen der Squat?

Ganz ordentlich für einen Autodidakten ;-)
Bei einer sauberen Kniebeuge ist:
  • Der ganze Fuß auf dem Boden.
  • Das Gewicht auf der Ferse.
  • Die Unterschenkel sind ziemlich senkrecht, die Knie ragen nicht über die Zehen heraus.
  • Der Rücken ist gerade (Brust Raus).
  • Die Hüfte tiefer als die Knie.
Im Training werde ich häufig gefragt "Ja aber die Fersen dürfen schon hochkommen, oder?" 
Nein, keinesfalls! Sobald die Fersen den Boden verlassen wird aus einer stabilen Situation an der nur die beiden stärksten Gelenken beteiligt sind (Knie und Hüfte) eine komplexe, unstabile und somit riskante Angelegenheit.
Es gibt Variante der Kniebeuge die sich genau diese erhöhte Komplexität zunutze machen (Hindi Squat), diese sind aber Ausnahmen und werden nie mit zusätzlichem Gewicht trainiert.

Wie tief denn nun?

Es gibt starke Unsicherheiten wie tief man denn eigentlich in die Kniebeuge gehen sollte. In den 1960ern gab es eine Studien zu dem Thema deren Ergebnisse so interpretiert wurden dass Kniebeugen die tiefer als 90° Knie-winkel sind schädlich seien. Ich habe die eigentliche Studie bisher noch nicht auftreiben können, weiss aber aus unterrichteten Kreisen das sie völlig falsch verstanden wurde. Unglücklicher weise hat genau diese falsch verstandene Studie es ins Volksgedächtnis geschafft.
Für eine Kniebeugen ohne zusätzliches Gewicht gibt es keinen Grund nicht so tief zu gehen wie möglich. Nach dem "Use it or loose it"- Prinzip ist es sogar wünschenswert die maximal mögliche Range of Motion auszunutzen.
Für Kniebeugen mit Zusatzgewicht gilt nur so tief gehen dass die Wirbelsäule ihre natürliche S-Kurve nicht verliert. ABER ACHTUNG: sollte das bei Dir passieren bevor die Oberseite der Oberschenkel an der Hüfte tiefer ist als die Oberseite Deiner Knie (=Definition für Kniebeuge von unterhalb paralell) dann bist Du noch nicht bereit für eine belastete Kniebeuge. Übe, wie oben beschrieben, weiter bis Du die nötige Beweglichkeit hast.
Gilt übrigens nicht für die Pistol - da darf der Rücken rund werden.

Was kommt denn dabei rüber?

Der zweite Aspekt der Kniebeuge der regelmäßig unterschätzt wird ist wie viel beweglicher und kräftiger man mit dieser Übung werden kann.

Beweglichkeit verbessern

Die Beweglichkeit der Hüfte lässt sich durch richtige Kniebeugen (mit leichtem Gewicht) hervorragend verbessern. Im Hardstyle Kettlebell Training nutzen wir dafür eine Variante die sich Goblet Squat nennt: Die Kettlebell wird an den Hörnern vor die Brust gehalten und dient als Gegengewicht um sich besser in die Hocke hineinziehen zu können. Dabei kann man die Knie mit den Ellenbogen nach aussen drücken und durch kleine kreisende Bewegungen das Hüftgelenk lockern. Ausserdem wird bei korrekter Ausführung (kein Chicken Neck / Brust raus) die Brustwirbelsäule mobilisert, was allen möglichen Beschwerden wir Spannungskopfschmerzen, Nackenverspannungen uvm. positiv beeinflussen kann.


Power von unten heraus

Was Kraft angeht sieht es sehr änlich aus: Der Laie hält die Kniebeuge in erster Linie für eine Beinübung. Es ist zwar richtig dass der Schwerpunkt auf den unteren Extremitäten liegt, aber es handelt sich trozdem um eine Mehrgelenks Ganzkörper Übung die ihres gleichen sucht. Die Bauch und Rückenmuskeln werden massiv belastet und entsprechend entwickelt. Je nach dem welche Variante man sich aussucht lässt ich das Belastungsmuster den eigenen Trainingszielen entsprechend anpassen. Ausserdem ist die Kraft die ein Sportler sich mit der Kniebeuge erarbeitet höchst funktional, will meinen in andern nicht explizit geübten Bereichen anwendbar. So wird die Sprungkraft massiv verbessert und Dein Fundament für praktisch jede Anwendung im stehen gestärkt.

Ja aber Kettlebells sind doch viel zu leicht...

Wer das denkt ist in guter Gesellschaft, da auch heutige Senior RKC diesem Irrtum einst erlegen sind, liegt aber trozdem falsch! Die Variante mit der Kettlebell ist ein Front Squat also eine Kniebeuge bei der das Gewicht vor dem Körper gehalten wird. Im Falle der Kettlebell im Rack ist das Gewicht sogar noch weiter vorne als beim Frontsquat mit der Langhantel. Diese Variation erlaubt bei weitem keine so grossen Gewichte wie die weltweit beliebteteste Variante der sogenannte Back Squat (Langhantel auf dem Rücken). Zum Vergleich: Für den Backsquat (wenn ich ihn denn mal trainieren) nutze ich 80 kg zum aufwärmen für mehrere 5er Sätze bevor ich zum eigentlichen Training übergehe mit der Kettlebell entspricht 80 kg, also zwei 40 kg Kugeln ziemlich genau meinem Persönlichen Rekord den ich nicht ohne Hilfestellung von einem Trainingspartner wiederholen möchte.
Es stimmt schon dass Du für die Kniebeuge, weil es sich um eine langsame Kraftübung (Grind) handelt, etwas grössere Kugeln brauchst wie für ballisitische Übungen aber auch 2*24 für 5 Sätze a 5 Wiederholungen werden Deinen Oberschenkeln einiges zum nachdenken geben.

Noch nicht zufrieden?

dann versuch Dich mal am sogenannten Pistol Squat, der einbeinigen Kniebeuge (Schreib mir wenn Du ihn mit zwei 40 kg Kettlebells im Rack schaffst und ich lade Dich zu essen ein ;-).




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