Freitag, 29. März 2013

Die Jagd des nackten Kriegers

Das Training mit dem eigenen Körpergewicht, oder neudeutsch Bodyweight-Training, betreibe ich schon seit Jahrzehnten - immerhin besteht das Taekwondo Training zu 100 % aus solchen Übungen. Vor zwei Jahren als Pavel Tsatsouline seinen ersten Workshop zu diesem Thema anbot, war ich darum auch einer der ersten, der sich dafür anmeldete. Wie jeder Workshop mit Pavel, den ich bisher besuchte habe, hat auch dieser die Art meines Trainings für immer verändert. Im letzten Jahr wurde aus dem Workshop dann eine Zertifizierung - die Naked Warrior Certification - und so konnte ich nicht umhin ein weiteres Mal nach Minneapolis zu fliegen.

Wer das Buch kennt, dass dieser Zertifizierung seinen Namen gab, weiß: das Programm besteht aus nur zwei Übungen:

  • Die Pistol (einbeinige Kniebeuge)
    und die
  • 1 Arm/1 Bein Liegestütze. 


Die Pistol - Kniebeuge auf einem Bein


Die Pistol oder Einbein-Kniebeuge, stellt einen sportlichen und gut koordinierten Menschen vor keine größeren Probleme. Zwar sollte man beim Erlernen der Übung den gesunden Menschenverstand einsetzen, aber die Intensität hält sich in Grenzen. Zugegeben - das ist eine gewagte Aussage, wenn man weiß, dass 75 % der Bevölkerung nicht einmal in der Lage sind, herkömmliche Kniebeugen sauber auszuführen, aber ich gehe davon aus, dass die Mehrheit der Leser dieses Blogs zu den anderen 25 % gehören.

1 Arm/1 Bein-Liegestütze - wer braucht Hanteln zum Bankdrücken?


Die Ein-Arm-Ein-Bein-Liegestütze ist hier eine andere Nummer. Bei herkömmlichen Liegestützen liegt die Belastung etwa bei 55 % des Körpergewichts, das mit beiden Armen gedrückt wird. Diese Belastung lässt sich annähernd beliebig anpassen, indem man entweder Arme (leichter) oder Beine (schwerer) erhöht.  Zur einarmigen Liegestütze, bei der die 55 % des Körpergewichts mit nur einem Arm gedrückt werden müssen, ist es ein ziemlich großer Sprung. Ohne gezielt hinführendes Training, wird kaum einer diese Übung meistern. Bei dieser ohnehin herausfordernden Übungen nun noch auf ein Bein zu verzichten, macht das ganze aus zwei Gründen schwierig:

  • Erstens und offensichtlicher Weise muss das Körpergewicht nun auf nur zwei Stützen verteilt werden, wodurch es noch ein paar Prozentpunkte mehr werden, die gedrückt werden wollen. 
  • Zweitens kommt noch ein nicht unerheblicher Gleichgewichts-Aspekt hinzu, der es wesentlich schwerer macht Kraft auszuüben. Einem Sportler, der in der Lage ist eine Kniebeuge mit sagen wir seinem eigenen Körpergewicht auszuführen, wird das gleiche Gewicht problemlos in der Bein-Presse bewegen können. Der umgekehrte Fall trifft nicht zu. Das liegt daran, dass die Bein-Press Maschine dem Körper die Stabilisierung des Gewichts vollständig abnimmt. Ein anderes Beispiel dieses Effekts wäre ein Military-Press auf einem Wackel Brett - Versuch es und du wirst feststellen, dass du bei weitem nicht an deine persönliche Bestleistung herankommst. 

Aus diesen genannten Gründen hat Pavel genau diese Übung als Zertifizierungs-Voraussetzung ausgewählt. Er selbst sagt dazu: „Wenn einer in der Lage ist, die ein-Arm-ein-Bein-Liegestütze auszuführen, kann ich mir sicher sein, dass er das Prinzip der Verknüpfung (Linkage) begriffen hat - Wer es nicht verstanden hat, hat hier keine Chance.“




Mein persönliches Waterloo


Ich glaube sagen zu können, dass mir dieses Prinzip mittlerweile ziemlich vertraut ist - habe es aber trotzdem bisher noch nicht geschafft eine saubere Wiederholung zu Stande zu bringen. Ich will nicht jammern, aber es ist so ziemlich alles schief gelaufen, was schief laufen konnte. Natürlich hatte ich mich ausgiebig auf die Teilnahme an dem Workshop vorbereitet - und dass auch mit gutem Erfolg. Eine Woche bevor ich letzten Oktober ins Flugzeug stieg, war ich sehr nahe dran. Ich ging davon aus, dass das Adrenalin und ein paar zusätzliche Tricks, die ich im Workshop zu bekommen hoffte mir den Erfolg bescheren würden. Leider begannen meine Schultern ca. eine Woche vor dem Abflug in Streik zu treten. Schmerzhafte Muskel-Spasmen aus heiterem Himmel machten mir klar, dass ich es wohl in den Monaten vor dem Workshop etwas zu gut gemeint hatte. An eine erfolgreiche Zertifizierung war somit nicht mehr zu denken. Der Workshop war natürlich trotzdem toll, ich hab viel gelernt. Wie bei allen derartigen Workshops hat man bekanntlich sechs Monate Zeit, um ein Video nach zu liefern. Am 15. April läuft meine Frist ab und ich habe vor diese zu halten!

Nachdem ich zuhause war, ging es erst einmal darum mein Schulterproblem wieder in den Griff zu bekommen. Einige Wochen mit nur leichten Training, komplett ohne Presses dafür mit Massagen - und ich konnte wieder anfangen meinen Liegestütze zu üben. Etwas schlauer geworden, ließ ich es zunächst langsam angehen. Einige Hindernisse wie eine Tae Kwon Do Dan-Prüfung (2.Dan) und andere Kleinigkeiten behinderten weiterhin eine ungehinderte Vorbereitung, aber jetzt bin ich wieder so weit.

Grease the Groove - meine Wunderwaffe


Ich verwendete im wesentlichen Pavels "Grease the Groove" Protokoll. Dieses ist nach meiner Erfahrung eine extrem mächtige Waffe, wenn es darum geht Kraft aufzubauen, ohne Muskeln zuzulegen.

Exkurs: Das ist übrigens eine Eigenart des Trainings mit dem eigenen Körpergewicht, dein ZNS registriert, dass der Widerstand den es zu bewältigen gilt, das Gewicht des eigenen Körpers ist. Darum werden keine neuen Muskeln aufgebaut wie es dem Hantel Training meist der Fall ist, sondern die vorhandenen Muskeln besser genutzt (will sagen: intensiver angespannt). Bei Turnern kann man diesen Effekt sehr schön sehen - obwohl sie mit extremen Belastungen arbeiten tendieren sie doch nicht zur Masse.

Zurück zum "Grease the Groove" Protokoll. Ziel dieses Protokolls ist (Originaltext Pavel)
"so viele Wiederholungen wie möglich so ausgeruht wie möglich auszuführen." 
Das erreicht man, indem auf herkömmliche Workouts vollständig verzichtet wird. Stattdessen übt man eine bis maximal zwei Bewegungen, verteilt über den ganzen Tag. Wer an den Geräten in einem Fitnessstudio arbeitet, wird natürlich Schwierigkeiten haben, dieses Protokoll für das Kreuzheben mit der Langhantel einzusetzen - Übungen mit dem eigenen Körpergewicht eigentlich dagegen perfekt. Experimente haben ergeben, dass 15 Minuten Pause zwischen den Einheiten die besten Ergebnisse bringen. Nehmen wir Pavel's ursprüngliches Naked Warrior Protokoll: Du übst die Pistol und die einarmige Liegestütze ca. alle 15 Minuten den ganzen Tag lang. Dabei nutzt du eine Progressionsstufe, die dich zwar herausfordert, aber noch deutlich von der maximalen Leistungsfähigkeit entfernt ist (sonst geht es dir wie mir und du bekommst Muskel-Spasmen ;-). Besonders da in diesem Fall keinerlei aufwärmen stattfindet, ist es wichtig, dass mit sehr niedriger Intensität begonnen wird. Sobald du beginnst müde zu werden, machst du die Pausen länger oder lässt es für den Tag gut sein.
Dieses Protokoll ist besonders für intensive Übungen mit dem eigenen Körpergewicht geeignet, da hier ohnehin nicht bis zur Ermüdung trainieren werden kann. Wenn bei gymnastischen Übungen etwas schief geht - dann geht es schnell! Wer müde ist, reagiert zu langsam und riskiert sich zu verletzen.

Am Naked Warrior Workshop werde ich meine erste dokumentierte Wiederholung der 1 Arm/1 Bein-Liegestütze machen.

 




Da ich also in den nächsten zwei Wochen mein Video abliefern muss und außerdem mein „wie werde ich stark ohne Geräte“ Naked Warrior-Workshop (6.April) stattfindet, habe ich beschlossen, mein Video mit eurer Unterstützung bei dem Workshop zu drehen. Im Workshop behandeln wir ohnehin Pavel's Liegestütz- Progression deren End-Ausbaustufe die genannte 1 Arm/1 Bein- Liegestütze ist. Anhand dieser lernen wir mehrere Techniken die Muskelanspannung zu maximieren (Tension-Technics), die das Prinzip der Verknüpfung (Linkage) verdeutlichen. Wer mich also noch dabei unterstützen möchte - Plätze gibt es noch.

Frohe Ostern an Euch alle!



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