Freitag, 15. Februar 2013

Bewusst Trainieren - Mindful Practice

Eine der Eigenschaften des Hardstyle Kettlebelltrainings, die mich von Anfang an überzeugt hat, ist der vollkommene Focus auf das Training selbst. Kleidung ist unwichtig, wer möchte kann in Unterhosen im eigenen Badezimmer trainieren. Komplizierte Geräte sind nicht vorhanden - ein Klumpen Eisen mit einem Griff bildet die gesamte Ausstattung Deines Studios. Musik oder andere Ablenkungen sind entweder gar nicht oder nur im Hintergrund vorhanden.

Warum ist mir so wichtig bewusst zu trainieren...

zunächst einmal glaube ich, dass alles, was man bewusst tut, eine grössere Wirkung entfaltet, als wenn es nebenbei geschieht. Ich habe von einigen Studien gehört die meine These stützen, konnte aber bisher kein Einzelheiten dazu finden.
Natürlich ist jede Bewegung besser als keine Bewegung und wenn es jemandem hilft sich durch Musik oder ähnliches von den Unannehmlichkeiten einer intensiven körperlichen Betätigung abzulenken, der er sonst aus dem Weg gehen würde, ist das für diese Person sicherlich der richtige Weg. Trotzdem glaube ich, dass jeder Sportler, der mehr will als "ein bisschen Bewegung", der also irgendwann die Früchte seiner Bemühungen ernten will, daran arbeite sollte, sich so intensiv wie möglich auf die jeweilige Aufgabe zu konzentrieren.
Spitzenathleten praktisch jeder Art zeichen sich generell dadurch aus, dass sie eine gut bis hervorragende Fähigkeit haben sich auf den Augenblick zu focussieren. In einem Rennen spielt es keine Rolle, was hinter der übernächsten Kurve los ist - die nächste Kurve zählt.



Mind over Body

Vielen erscheint es so, dass ihr Körper ihnen Grenzen setzt - und das mag zu Anfang auch stimmen. Doch es gibt genügend Beispiele dafür, wie der Geist den Körper zu Leistungen treiben kann, die schier unvorstellbar sind - die "Unter-60kg-Mutter" die einen PKW von ihrem eingeklemmten Kind zerrt oder die legendäre Geschichte des ersten Marathon-Laufs sind nur einige Beispiele. 
Im unten stehenden Video (leider auf chinesisch) versucht ein international bekannter chinesischer Strongman einen wesentlich leichteren Tai Chi Meister aus einem ca. 1 meter durchmessenden Kreis zu schieben und versagt (das Video ist recht lang, der eigentliche Kontest kommt erst gegen Ende).



No Limits

Nach meiner Erfahrung gibt es keine Grenzen, nur Hürden. Wer äussere Reize nutzt, um diese zu überwinden (zum Beispiel flotte Musik im Workout), der kann sich nicht darauf verlassen, es auch ohne "Hilfsmittel" zu schaffen. Ob das endlos lange Ringen mit dem inneren Schweinehund während eines Langstreckenlaufs oder das Überwinden der Angst vor einer (relativ) riesigen Last - es ist ein Kampf der zu grossen Teilen im eigenen Kopf ausgetragen wird.

Ein kleiner Selbsttest

Um das zu illustrieren, schlage ich vor, wir machen einen kleinen Selbstversuch:
  • Mach ein paar strikte Military Presses mit einer moderat schweren Hantel. Achte auf Technik versuche sehr sauber zu arbeiten.
  • Nimm dir eine Kettlebell (oder einen andere Hantel), die Du nur schwer im strikten Military Press über Kopf drücken kannst.
  • Bevor Du versuchst sie zu pressen, mach einen Moment die Augen zu und stelle Dir vor, wie Du die Kugel ins Rack bringst und sie anschliessend auspresst. Nutze Deine Vorstellungskraft, um Dir die Bewegung so exakt wie möglich vorzustellen - Du solltest es praktisch spüren können. Stelle dir vor, wie leicht sich die Kugel anfühlt. (Achtung: Wenn Du hier Schwierigkeiten hast, Dir die Bewegung detailiert vorzustellen, ist Deine Technik noch nicht sicher genug - übe die Technik mit leichtem Gewicht)
  • Wenn Du glaubst, dass es nicht mehr genauer geht, ran an die Kugel und hoch damit.
=>      wenn Du alles richtig gemacht hast, fühlt sich das Gewicht 10 bis 15 % leichter an als normal -         das ist die Macht des Geistes.

Härter als ein Stein

Im Tae Kwon Do haben wir eine nette alte Tradition: wir hauen Bäume. Meistens in Form von 30 x 30 cm Brettern in verschiedenen Stärken, manchmal fühlen wir uns aber auch von Ziegelsteinen bedroht.
Nun könnte ein Uneingeweihter am Verstand von Menschen zweifeln, die mit bloßer Hand oder nacktem Fuss auf einen doch recht harten Gegenstand einschlagen, aber der Erfolg gibt uns Recht!
Ich erwähne das hier, weil auch diese Bruchtests zu einem grossen Teil eine Übung in der Kunst sind, den Geist zu kontrollieren. Wenn ich einem Anfänger dabei zuschaue, wie er sich darauf vorbereitet auf ein Brett zu schlagen, sehe ich seinen (oder ihren) inneren Aufruhr: "Kann ich das? Wer schaut alles zu? Wird es weh tun?" und tausend Gedanken mehr rasen durch den ungeschulten Geist - mit dem Ergebnis eines satten "Pock" und dem mehr oder weniger gut verborgenen Schmerz, weil sich das Brett doch als härter herausgestellt hat, als erwartet. Ein Fortgeschrittener blendet alles, was nicht beim Erreichen der unmittelbaren Aufgabe hilft aus: Zuschauer werden irrelevant, mögliche zukünftige Schmerzen ebenso - nur der Bewegungsablauf und das Ziel sind relevant. Mit dem Ergebnis, dass der Test meistens gelingt.




Move your Body - Train your Mind

Übe Dich darin, im Training ständig aufmerksam zu sein und bewusst zu arbeiten. Übe anstatt Dein Workout runter zu reissen. Starkes Fokusieren auf die einzelne Wiederholung kann Dir sogar beim Snatchtest helfen - mach nicht einmal hundert Snatches, sondern hundert mal einen Snatch.
Dein Geist ist Dein mächtigstes Werkzeug - betäube ihn nicht, sondern schärfe ihn.
Die Zen Meister sagen: 'Ein ungeschulter Geist ist wie eine breite Fläche - wenn Du versuchst damit ein Hindernis zu überwinden, bietet er einen grossen Widerstand - ein geschulter Geist ist wie eine Nadel er dringt leicht ein und überwindet Hindernisse ohne Anstrengung.


Die Kettlebell hilft Dir dabei


Die sprichwörtliche Intensität eines Kettlebell Workouts ist ein hervorragend dafür geeignet um diese Eigenschaft zu kultivieren. Lerne die Stimmen in Deinem Kopf zu ignorieren, die behaupten dass Du nach der nächsten Wiederholung zusammenbrichst. Ignoriere das Bedürfnis darüber nachzugrübeln wie viele lange das Workout nocht dauert. Mach eine Wiederholung nach der anderen fokussiere auf das jetzt, auf die Übung die Du im Moment gerade ausführst. Die vorangegangenen Rep's sind vorbei ob gut oder schlecht - nicht mehr zu ändern. Die übernächste ist Zukunftsmusik, bleib im Augenblick und achte auf Deine Technik. Du wirst merken dass das Workout sich subjektiv leichter anfühlt - obwohl Du vermutlich mehr Kraft in jede einzelne Bewegung legst. Master SFG Mark Reifkind hat es so formuliert:

"Pain is guaranteed - suffering is optional."


2 Kommentare:

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Übersetzung von mir persönlich überarbeitet.


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