Mittwoch, 16. Juli 2014

Warum ich den Burpee nicht (mehr) mag

Viele lieben den Burpee - darum gehe ich davon aus, dass dieser Artikel die eine oder andere Kontroverse auslösen wird. Das ist OK, denn ein Austausch ist immer eine gute Sache. Auf den ersten Blick hat die Übung ja auch viele Vorteile: es ist kein Equipment nötig, viele Muskelgruppen werden gleichzeitig angesprochen, wichtige Muster wie Kniebeuge und Liegestütz werden trainiert und es entsteht starke cardio-vaskuläre Belastung. Klingt doch traumhaft - oder?
Trotzdem ist der Burpee eine Übung, die Du in meinem Training nur äußerst selten sehen wirst. Warum zeigt ein Blick auf die Feinheiten und diesen will ich in diesem Artikel mit Euch teilen.

Mein Burpee Erlebnis

Kennengelernt habe ich die Übung gleichzeitig mit der Kettlebell durch den sogenannten Burpee Test. Robert Rimoczi lies uns diesen zu beginn seines Anfängerkurses absolvieren, um zu sehen mit wem er es zu tun hat und um festzustellen zu können wie viel fitter wir durch seinen Kurs wurden.
Der Burpee Test ist denkbar einfach:
Stell einen Timer auf 3 Minuten und mach so viele Burpees wie Du schaffst (zählen nicht vergessen). Die meisten, die ich bei diesem Test beobachtet habe, haben beim ersten mal Schwierigkeiten 3 Minuten kontinuerlich Burpees zu machen und landen irgendwo zwischen 30 und 40 Wiederholungen. Wenn die Gefahr besteht unter 30 zu bleiben, dann lieber noch etwas trainieren vor dem ersten Test. Gehörst Du zu den wenigen die zwischen 50 und 60 Reps landen, kannst Du Dir durchaus schon etwas darauf einbilden. Es sollten natürlich immer saubere Burpees mit kompletter Range of Motion sein. Die Elite schafft über 60.
ACHTUNG: Dies ist ein Test kein Trainingsprogramm - so etwas kann man einmal alle 6 Wochen einbauen, um seinen Fortschritt zu messen aber nicht öfter.
Nach diesem recht intensiven Erstkontakt fand ich die Übung erst mal ziemlich toll. Die in der Einleitung genannten Vorteile überzeugten mich, dass es eine gute Idee ist den Burpee regelmäßig ins Training einzubauen.

Der Burpee wird seziert

Mittlerweile ist meine Meinung zum Burpee etwas differenzierter. 
Lasst uns die Übung einmal auseinander nehmen und uns mal mit den Feinheiten auseinandersetzen. Meiner Meinung nach liegt hier der Teufel nämlich im Detail.
Mein Freund skinny Piet war so freundlich Modell zu stehen (er ist ein echter Hard-Gainer aber seine Burpees sind super ;-):



Schritt 1: ist eine negative Kniebeuge. Für sich gesehen eine hervorragende und unproblematische Übung, auch wenn jeder Trainer weiß, dass durchaus nicht jeder die nötige Mobilität hat, um sie sauber auszuführen. Auf den ersten Blick ist nicht viel Kraft dafür nötig, wenn man aber berücksichtigt dass der Burpee meist relativ schnell und mit vielen Wiederholungen ausgeführt wird, sollte schon eine ordentliche Rumpfstabilität dafür vorhanden sein. Außerdem besteht bei schneller Ausführung die Gefahr, dass das Becken abkippt und so den unteren Rücken gefährdet. Bei normalen Kniebeugen ohne zusätzliches Gewicht ist das zwar kein großes Problem, wegen der anschließenden Sprungbewegung in den Stütz finde ich es aber bedenklich.



Schritt 2: hier kommen wir aus der Hocke und springen nach hinten in den Stütz. Auch bei dieser Bewegung sehe ich häufig, dass sie aufgrund von fehlender Mobilität nicht sauber ausgeführt werden kann und die Hüfte zu weit nach oben ausweicht. Außerdem sagt uns die simple Physik, dass ein starrer Körper (=Deiner), der an beiden Enden (=Hände und Füße) auftrifft genau in der Mitte die stärkste Belastung abbekommt. Der empfindlichste Punkt in diesem Bereich ist wiederum der untere Rücken. Dieses Risiko lässt sich minimieren, indem man den Gluteus (und im Idealfall auch den Lat) vor dem Auftreffen der Beine auf dem Boden intensiv anspannt.


Schritt 3: für sich gesehen eine unkritische Übung, die allerdings durch möglichen Rest-Schwung aus dem vorhergehenden Rücksprung deutlich verschärft wird. Das gilt besonders, wenn bei schneller Ausführung im Stütz nicht ausreichend stabilisiert wird. Der Sportler fällt dann sozusagen durch bis zum Boden und muss hier noch mehr Stabilisierungsarbeit leisten. Eine gängige Lösung für dieses Problem ist der "Hand release Burpee" bei dem vollständig abgelegt wird und die Hände kurz vom Boden kommen. Diese Lösung finde ich aus zwei Gründen suboptimal: erstens wird durch das Ablegen die Körperspannung aufgegeben, was m.E. der wichtigste Aspekt der Liegestütze ist und zweitens besteht auch hier ein Risiko für den unteren Rücken, wenn hochgedrückt wird bevor der Körper wieder vollständig stabilisiert ist.


Schritt 4: Wie der Übergang von der Hocke in den Stütz ist auch dieser Übergang nicht ganz unproblematisch. Wenn ausreichende Mobilität vorhanden ist, ist alles gut - aber eher steife Zeitgenossen haben es hier schwer. Wie Skinny Piets Bilderserie oben zeigt,  werden erst beide Beine angezogen und dann der Oberkörper aufgerichtet, um sicher in den Strecksprung übergehen zu können. Dabei ist es nötig, dass die Beine recht nah unter den Schultern landen damit das anschließende aufrichten auch klappt.


Schritt 5: Dieser ist meines Erachtens für einen durchschnittlich trainierten Zeitgenossen der am wenigsten problematische Teil der Übung. Vorausgesetzt der Trainierende landet am Ende von Schritt 4  in einer schönen aufrechten Hocke, besteht hier eigentlich kein Risiko. Bei sehr schneller Ausführung sollte man dennoch darauf achten, im Stehen soweit abzubremsen, dass man nicht aus voller Sprunghöhe in die nächste Wiederholung "hinein fällt".

Langer Rede kurzer Sinn


Der Burpee ist weit schwieriger in der Ausfühung als es auf den ersten Blick aussieht und bietet sich deshalb eigentlich nicht wirklich für hohe Trainingsvolumina und Geschwindigkeiten. Andererseits bekommt der Burpee seinen Reiz ja genau durch die hohe Geschwindigkeit und das hohe Volumen - wofür ist er also gut, wenn man diese beiden Aspekte weglässt.
Natürlich ist es möglich den Burpee sicher auszuführen selbst bei hohem Tempo - aber nur für wirklich fitte Menschen, die sich der bio-mechanischen Schlüsselstellen bewusst sind. Für alle übrigen ist es sinnvoller Liegestützen und Kniebeugen getrennt zu trainieren.


Das folgende Video zeigt eine eine Variante von der ich glaube, dass sie einige der Probleme löst:



Das war meine Meinung, bitte schreib mir Deine unten in die Kommentare.

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